Störungsbilder

 


Sprechstörungen bei Erwachsenen
 
Es gibt sehr verschiedene Sprechstörungen bei Erwachsenen, die sich in zwei große Gruppen unterteilen lassen: Störungen der Bildung von Lauten und Redeflussstörungen (Stottern/Poltern).



Welche Lautbildungsstörungen gibt es bei Erwachsenen?
Störungen der Lautbildung bei Erwachsenen sind sehr verschieden und haben ganz unterschiedliche Ursachen.

Störungen der Artikulation
Mit Störungen der Artikulation werden Schwierigkeiten von Erwachsenen beschrieben, einen Laut richtig zu bilden. Die bekannteste Form ist das "Lispeln" bzw. der "Sigmatismus". Die Aussprache wird hier dadurch verändert, dass bei der Artikulation des Lautes /s/ die Zunge z. B. zwischen die Zähne rutscht.

Dysarthrien bzw. Dysarthrophonien
Dysarthrien bzw. Dysarthrophonien treten auf, wenn die Verarbeitung des Sprechens im Gehirn z. B. durch einem Schlaganfall bzw. eine neurologische Erkrankung wie Parkinson oder nach einem Unfall gestört ist. Die Aussprache wird oft insgesamt undeutlich, weil vor allem die Beweglichkeit von Zunge, Lippen und Gaumensegel eingeschränkt ist. Gleichzeitig kann aber auch die Stimme verändert und die Atmung beim Sprechen auffällig sein.

Sprechapraxie
Bei einer Sprechapraxie liegt das Problem in der sogenannten Sprechplanung, d.h. die einzelnen Artikulationsbewegungen können nicht ausreichend kontrolliert erfolgen, obwohl die Muskulatur prinzipiell die erforderlichen Einzelbewegungen ausführen kann. So ist ein Patient z.B. in der Lage, einen Ausdruck des Ekels mit "ihh" zu äußern, kann aber der Aufforderung, ein /i/ zu sprechen, trotz großen Bemühens nicht nachkommen. Ein Sprechapraxie tritt fast immer in Kombination mit einer Aphasie auf.

Audiogene Sprechstörungen
Audiogene Sprechstörungen sind Artikulationsstörungen, die z.B. in Zusammenhang mit Schwerhörigkeit auftreten können. Auch bei dieser Störung ist die Aussprache oft undeutlich. Außerdem ist die Lautstärke der Äußerungen häufig nicht angemessen.
Weitere Informationen enthält unser Faltblatt "Sprechstörungen bei Erwachsenen".



Wie können Störungen des Sprechens verhindert bzw. vermindert werden?

Aussprachestörungen bei Erwachsenen treten meist im Zusammenhang mit neurologischen Erkrankungen auf. Deshalb ist es wichtig, diese Krankheiten möglichst früh diagnostisch zu klären, um den Patienten dabei zu unterstützen, möglichst rasch nach der Erkrankung wieder normale (physiologische) Sprechbewegungen zu trainieren. So können sich auffällige (pathologische) Artikulationsbewegungen nicht verfestigen.



Welche Hilfen bietet die Logopädie an?

Die Logopädie bietet zunächst Beratung zu allen Fragen von Sprechstörungen im Erwachsenenalter an. Aufgabe einer Logopädin ist es zuerst einmal, die Symptome einer Sprechstörung einzuschätzen. In der logopädischen Diagnostik sollen die einzelnen Symptome erfasst, mögliche Ursachen gefunden und Vorschläge für ein weiteres Vorgehen erarbeitet werden. Hierzu prüft die Logopädin mit Hilfe von Prüf- und Testverfahren die unterschiedlichen Störungsbereiche (Artikulation, Atmung, Motorik und Wahrnehmung im Mundbereich). Teil der logopädischen Diagnostik ist auch das Gespräch mit dem Patienten und seinen Angehörigen über die Krankengeschichte (Anamnese). Alle Ergebnisse der Diagnostik werden in einem logopädischen Befund zusammengefasst. Sie werden vor Beginn der Therapie mit dem Patienten und evtl. seinen Angehörigen ausführlich besprochen. Aus dem Befund ergeben sich die Inhalte der logopädischen Therapie. Die Therapie wird individuell gestaltet, d.h. die Ziele der Therapie und das Vorgehen wird mit dem Patienten abgesprochen. Außerdem wird der Patient über den Verlauf der Therapie kontinuierlich informiert, indem er über Fortschritte und Veränderungen in der Therapie aufgeklärt wird. Die Mitarbeit der Angehörigen ist häufig von großem Vorteil, weil sie den Patienten in der Alltagskommunikation unterstützen können. Am Ende einer Therapiephase wird ein Abschlussbefund erstellt.



Welche Redeflussstörungen gibt es bei Erwachsenen?

Störungen des Redeflusses können in Form von Stottern oder Poltern vorliegen. Redeflussstörungen bei Erwachsenen können ein sehr unterschiedliches Erscheinungsbild aufweisen. Meist können die Ursachen nicht erkannt werden.

Stottern
Stottern äußert sich in Form von unfreiwilligen Wiederholungen von Lauten und Silben ("Babababall") sowie als Dehnungen ("Fffffisch") oder Blockierungen von Lauten (stummes Verharren vor oder in einem Wort, wobei Zeichen von Anstrengung sichtbar oder hörbar sein können: "---Tisch"). Diese Symptome werden Kernsymptomatik genannt, da sie das eigentliche Stottern darstellen. In Kernsymptomen verlieren Stotternde für einen Moment die Kontrolle über den Sprechablauf, obwohl sie genau wissen, was sie in diesem Moment sagen wollen. Es gibt – meist unbewusste - Strategien, um solche Symptome zu kontrollieren, z.B.
Ankämpfverhalten
Ankämpfverhalten, d.h. der Versuch, mit erhöhtem Kraftaufwand (z.B. Pressen, lauter werden), "Tricks" bei der Atmung (z.B. übertrieben aus- oder einatmen, mit zu wenig oder zuviel Luft sprechen) und Mitbewegungen (z.B. starkes Kopfnicken) aus einem Symptom heraus zu kommen.


Strategien
Strategien, um Stottern vorzubeugen, d.h. Vermeiden von Sprechsituationen bzw. Umformulieren bei gefürchteten Wörtern oder prophylaktische Veränderung der Sprechweise wie Flüstern, Singsang oder "Tricks" bei der Atmung (s. o.).
Psychische Reaktionen wie Sprechangst, Wut oder Trauer über das Versagen beim Sprechen, Selbstabwertung als Sprecher, Scham und Hilflosigkeit können hinzukommen. Häufig wird die Lebensqualität durch psychische Reaktionen stark beeinträchtigt, selbst wenn die Kernsymptomatik nur gering ist oder durch Vermeidung völlig verborgen werden kann.
Typisch für den Verlauf ist der Wechsel von symptomarmen Phasen mit Episoden stärkerer Symptomatik. Ebenso typisch ist, dass das Stottern in unterschiedlichen Situationen und bei unterschiedlichen Personen verschieden ausgeprägt sein kann.


Poltern
Bei Poltern ist die Verständlichkeit des Gesprochenen durch eine phasenweise überhöhte Sprechgeschwindigkeit mit Auslassungen und Verschmelzungen von Lauten, Silben oder Wörtern ("zum Beispiel" wird "Zeispiel") beeinträchtigt. Außerdem treten viele Satzabbrüche, Umformulierungen und Floskeln sowie stotterähnliche Redeunflüssigkeiten auf, so dass trotz des Eindrucks von hoher Sprechgeschwindigkeit oft nur wenig Inhalt vermittelt werden kann.
Bei bewusst verlangsamtem Sprechen reduziert sich die Symptomatik. Das Sprechen kann jedoch nicht langfristig kontrolliert werden. In Verbindung mit Poltern treten häufig auch bei Erwachsenen noch Sprachstörungen auf (Suche nach Wörtern, eingeschränkter Wortschatz, Störung der Grammatik). Polternde können oft das eigene Sprechen schlecht beobachten – die Störung ist ihnen häufig nicht oder nur ansatzweise bewusst. Manchen Polternden fällt auch das Zuhören schwer. Poltern wird gesellschaftlich nicht stigmatisiert, der damit verbundene Leidensdruck ist meist gering. Die Behinderung durch die eingeschränkte Verständlichkeit kann jedoch erheblich sein.
Stottern und Poltern können auch zusammen auftreten.


Wie kann Redeflussstörungen vorgebeugt werden?

Bei fast allen stotternden Erwachsenen ist die Störung im Kindesalter entstanden. Menschen, bei denen das Stottern bis ins Erwachsenenalter fortbesteht, haben fast keine Chance mehr, das Stottern zu verlieren. Daher ist es wichtig, stotternde Kinder möglichst früh (ab dem 2. Lebensjahr) zu erkennen und bei Bedarf zu behandeln, damit eine Rückbildung unterstützt werden kann. Dennoch kann auch bei einer frühen Therapie nicht vorhergesagt werden, welche Kinder ihr Stottern verlieren werden.
Ausgesprochen selten kann Stottern aufgrund einer anderen Grunderkrankung (z. B. eine neurologische Erkrankung) auch noch im Erwachsenenalter beginnen.



Welche Hilfen bietet die Logopädie an?


Stottern
Für stotternde Menschen, die noch unschlüssig sind, ob sie sich in eine Behandlung begeben sollen, bietet die Logopädie zunächst einmal Beratung an. Durch eine logopädische Diagnostik wird festgestellt, welche Art von Stottern vorliegt und ob es behandelt werden muss. Die logopädische Therapie kann sehr unterschiedlich aussehen, je nach der Art des Stotterns und der Therapierichtung. Die Inhalte der logopädischen Therapie ergeben sich aus dem logopädischen Befund, der mit dem Patienten vor Beginn der Therapie besprochen wird. Während des Therapieverlaufs wird der Patient ausführlich über Stottern und die Therapie informiert. Er lernt Techniken für eine flüssigere Sprechweise (flüssiges leichtes Stottern oder Veränderung der Sprechweise) und baut Sprechängste ab. Eine Therapie kann abgeschlossen werden, wenn eine flüssigere Sprechweise mit geringen psychischen Reaktionen (Sprechangst, Scham) vorliegt. Am Ende der Therapie wird über die Möglichkeit von Rückfällen informiert und auf die dann gebotene Vorgehensweise vorbereitet.

Poltern
Auch für Polternde, die noch unschlüssig sind, ob sie sich in eine Behandlung begeben sollen, bietet die Logopädie zunächst einmal Beratung an. Bei Verdacht auf Poltern wird durch eine logopädische Diagnostik festgestellt, ob und welche Art von Poltern vorliegt und ob weitere Störungen bestehen.
Die logopädische Therapie kann sehr unterschiedlich aussehen, je nach der Art des Polterns, der Situation des Polternden und begleitender Störungen. Die Inhalte der logopädischen Therapie ergeben sich aus dem logopädischen Befund, der mit dem Patienten zu Beginn der Therapie besprochen wird. Polternde können in einer Therapie (bei ausreichender Motivation) zum Beispiel lernen, in für sie wichtigen Sprechsituationen das Poltern zu kontrollieren. Eine grundsätzliche Überwindung des Polterns ist nicht zu erwarten. Angehörige lernen in der Therapie, wie sie angemessen mit dem Poltern umgehen können.
Während der Behandlung wird der Patient ausführlich über Poltern und die Therapie informiert, auch über die Möglichkeit von Rückfällen nach Abschluss der Therapie und die dann gebotene Vorgehensweise.




Weitere Informationen finden Sie im Onlineangebot des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie e.V.
www.dbl-ev.de


 

Stimme und Sprache





Ausführliche Darstellung von Störungsbildern bei Kindern und Erwachsenen.
[Quelle:www.dbl-ev.de]


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